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Das Flair des Südens in der Strackgasse

Seit einem Jahr betreibt Stefano Scarlatti das Kunstcafé Macondo / Live-Musik, Lesungen und eine Beschwerde über Lärm
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Der 51-jährige Römer Stefano Scarlatti bringt la dolce Vita in die Oberurseler Strackgasse. Seit einem Jahr führt er dort das Artcafé Macondo.
Oberursel · 5. Februar · Rom: Trevi-Brunnen, Via Appia, Vino e Pasta und eine Südensonne, die auf schöne Frauen scheint. Mit Verlaub: Was will der Mann in Oberursel? Aber claro: Amore. "Meine Frau, die aus Oberursel stammt, lebte elf Jahre mit mir in Rom, vor zehn Jahren war sie an der Reihe und ich ging mit ihr hierher", erklärt Stefano Scarlatti - so, wie ein Italiener eben deutsch spricht. "Als ich herkam, konnte ich kein Wort", singt er gleichsam. Möge er es nicht noch besser lernen, wie er spricht, klingt's molto bene. Weniger bene lief Amore: "Die Ehe hat nicht geklappt und ich bin seitdem allein erziehender Vater." Mit allem, was dazu gehöre: das Kind zur Schule bringen oder zum Sportverein. "Viele Mütter kennen das", sagt Scarlatti schmunzelnd. Und: "In Deutschland fragt man noch vor dem Namen nach dem Beruf. Wenn ich dann ,Vater' antwortete, kamen schon mal komische Reaktionen."

Als der Sohn dann öfter bei der Mutter war, arbeitete Scarlatti als Aushilfe in einer Firma und wurde für drei Jahre fest übernommen. "Bis Dezember 2000, kurz vor Weihnachten. Da haben sie mir und 50 anderen Kollegen gekündigt." Er bekam eine "kleine Abfindung", kümmerte sich um ein Existenzgründer-Darlehen und eröffnete im Januar 2003 das Artcafé Macondo in der Strackgasse. "Und damit war mein neues Baby geboren", sagt der 51-Jährige. Viele hätten ihm damals gesagt, was er vorhabe, sei nichts für Oberursel. Die Deutschen bevorzugten das "klassische Café". Aber sein Konzept mit Ausstellungen, Live-Musik und Lesungen ging auf. "Das hat sofort funktioniert. Offenbar war es genau das, was viele Leute haben wollten."

An Künstler zu kommen ist für ihn no problemo. Als Scarlatti nach Deutschland kam, wurde er Mitglied in der Casa Cultura in Frankfurt. Dort übernahm er im Vorstand das Amt des "Kulturministers" und organisierte unter anderem ein italienisches Filmfest. "Das gibt es immer noch." Heute schicken ihm Musiker Demo-Bänder zu und Künstler kommen mit ihren Mappen. "Ich bin kein Kunstkritiker, die Sachen müssen mir einfach gefallen, ich schau ja jeden Tag drauf."

Er gestaltet das Macondo- Caféleben mit südländischen Gewohnheiten. "Der kleine Erfolg mit Macondo hat damit zu tun, hier kann jeder sein, wie er ist." Wenn freitags Live-Musik spiele, sei jeder Stuhl besetzt. "Da sitzen sich fremde Leute am Tisch gegenüber und später sehe ich sie beim Wein angeregt im Gespräch." Dem Italiener gefällt das. "Ich werde oft gefragt, wie ich in Deutschland leben kann. Ich sage, wo ich die richtigen Leute finde, kann ich leben. Das hat mit mir zu tun, nicht mit den anderen." Zurückzugehen sei für ihn im Moment kein Thema.

Gut für Kolja. Der ist einer von vielen Diskussionsteilnehmern, die dem Café zum Einjährigen mit Wortbeiträgen im Oberurseler Forum gratulierten. Kolja schrieb: "Ich kann nur hoffen, dass das Macondo uns erhalten bleibt." Warum er das schrieb, hängt mit dem kleinen Schatten zusammen, der auf das Artcafé fällt: eine Beschwerde aus der Nachbarschaft, wegen Lärm. Am Mittwoch hatte Scarlatti dazu einen Termin beim Ordnungsamt und kam erleichtert wieder: "Wir sind auf einem guten Weg zu einem Kompromiss." Die Stadt habe "das Vermittlungsgespräch richtig gut" geführt. "Oberursel steht auf Kultur, auf eine lebendige Stadt."

La dolce Vita in Oberursel? Für Stefano Scarlatti: molto bene. "Ich habe erreicht, was ich mir gewünscht habe. Reich werden will ich nicht, sondern Spaß haben - und den habe ich."
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