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Sonntag, 18. April 2004

Songkran (13.-15.4)

Eigentlich sollte Walliya über Songkran, dem Thailändischen Neujahrsfest, hier auf Phuket bleiben. Als jedoch am Montag (12.4.) ihre Schwester anrief und sagte das beide Kinder mit Verdacht auf Dengue Fieber im Krankenhaus seien, sind wir beide sofort „nach Hause“ gefahren. Dienstag bis Donnerstag(13.-15.4.) waren wegen des Songkrans ohnehin Arbeitsfreie Tage. Darum war die kurzfristige Reise auch ohne Terminkollisionen in der Firma möglich. Zum Songkran reisen sehr viele Thais in ihre Heimatdörfer. Es wirklich Glück das ich wenigstens bis Bangkok kurzfristig noch zwei Flugtickets bekommen konnte (Mit Thai Air je 2650THB also ca 50EUR) . Von Phuket aus hatte ich bei Budget dann noch den letzten verfügbaren Wagen, einen Pickup (1100THB/Tag alle Kilometer eingeschlossen), reserviert mit dem wir dann weiter in den Ishan gefahren sind. Die Anschlussflüge von Bangkok nach UdonThani oder KhonKaen, was uns ein paar Stunden Autofahrt erspart hätte, waren alle ausgebucht. Gegen Mitternacht waren wir dann jedenfalls am Ziel.

Die Autofahrt von Bangkok nach Kalasin war schon ein Erlebnis für sich. Auf jeden Fall habe ich recht bald verstanden, warum mich der Autovermieter dieses Mal so ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht hat, dass ich nach Übernahme des Fahrzeugs für alle entstehenden Schäden verantwortlich bin. Die Strassen waren voll. Am eindrucksvollsten waren die vielen Pickups. Es ist unglaublich wie viele Menschen auf die Ladefläche eines Pickups passen.

Die vergleichsweise sichere aber bei voller Auslastung auch die härtere Variante ist der Pickup mit mannshohem Gitteraufbau. Dort passen locker 20 Personen auf die Ladefläche. Man kann ja abwechselnd stehen oder sitzen. Durch den Gitteraufbau ist relativ sichergestellt, dass kein „Mann über Bord“ Manöver gefahren werden muss.

In der einfachen Variante hat die Ladefläche des Pickups keinen Aufbau. Aber hier passen immerhin auch bis zu 14 Leute auf die Ladefläche. Die Transporteffizienz ist nicht so hoch wie bei den Fahrzeugen mit Gitteraufbau. Das Risiko, das ein Passagier über Bord geht ist schon wesentlich größer. Mit etwas Glück hat man vielleicht noch einen Küchenschrank oder anderes Mobiliar an Bord das dann zwar einen erhöhten Seitenhalt für die Mitreisenden bietet, aber halt auch wertvollen Sitzplatz kostet. Der Picknickkorb fehlt natürlich auch nicht so dass die Pausen auf ein Minimum reduziert werden können und man dann schon nach 8 oder 12 Stunden zu Hause ankommt. Die meisten Ladeflächenpassagiere waren jedenfalls ganz gut drauf.

An den darauf folgenden zwei Tagen waren wir mit den Kindern in zwei verschiedenen Krankenhäusern zwecks Untersuchung. In beiden wurde der Verdacht auf Dengue Fieber nicht bestätigt. Anscheinend lässt sich Dengue Fieber erst nach einer gewissen Zeit im Blut nachweisen. Außerdem gibt es lt. diverser im Internet gefundener Dokumentationen weder eine medikamentöse Vorsorge noch eine entsprechende Behandlung. Am dritten Tag wurde das Fieber jedenfalls bestätigt. Nach fünf Tagen Hospital mit Infusion irgendeiner Salzlösung? sind beide Kinder inzwischen wieder genesen. Allerdings liegen eine ganze Reihe anderer Kinder mittlerweile ebenfalls im Krankenhaus.

Bei der Fahrerei zu den Krankenhäusern habe ich jedenfalls die Songkran Feierlichkeiten hautnah erfahren.

Um einen Eindruck von der Stimmung zu bekommen stelle man sich am besten die insbesondere in ländlichen Gegenden bei uns auch heute noch gern praktizierten Vatertagsfeierlichkeiten vor. Eine Gruppe von bis zu zehn Menschen die sich im Schrebergarten oder auf dem Anhänger eines Traktors zunächst erst einmal systematisch vollaufen lässt um dann die lieben Mitmenschen mit laut vorgetragenen fröhlichen Weisen zu erheitern. So weit ist also eine sehr enge Verwandtschaft mit den heimischen Vatertagsfeiern zu erkennen.

Hier gibt es allerdings keine Schrebergärten. Also setzt man sich einfach vor die Haustür an die Strasse. Ist ja auch viel einfacher, da man die ganzen erforderlichen Feiertagsutensilien dann auch nicht erst so weit schleppen muss. Außerdem ist es dann auch nicht so weit nach Hause, wenn man nicht mehr selber laufen kann.

Die Aufgabe der Traktoren mit ihren Anhängern wird hier weitgehend von Pickups (ein wirklich universelles Vehikel) und kleinen Lastwagen übernommen. Traktoren wie wir sie kennen gibt es im Ishan in erster Linie um große Ackerflächen zu Pflügen.

Auf jeden Fall werden die stationären Festplätze vor der Haustür und die mobilen auf den Pickups mit reichlich Alkohol (im Wesentlichen Bier und Mekong Whisky) und mit Wasserbottichen ausgestattet, die gut das Fassungsvermögen einer mitteleuropäischen Badewanne haben. Für die stationäre Ausrüstung tut es auch ein Wasserschlauch mit direktem Anschluss an die Wasserleitung oder den eigenen Brunnen.

Während die „Schrebergärtner“ nun auf zufällig vorbeikommende Opfer warten, machen sich die die „Traktorfahrer“ aktiv auf die Suche.

Einfache Opfer sind Fußgänger. Wenn man z.B. auf dem Weg vom Auto (Pickup) zum gegenüberliegenden Marktplatz so unvorsichtig ist, einen der stationären Festplätze zu passieren ist man plötzlich umringt von Fröhlichen Zeitgenossen, die einen im harmlosesten Fall mit ein paar Wassertropfen bespritzen. Es gibt jedoch unterschiedliche Steigerungen. Weitreichende Wasserpistolen, in erster Linie von Kindern eingesetzt sind da schon etwas wirkungsvoller aber im Prinzip immer noch lächerlich. Kleine Plastikschälchen schwungvoll auf den Passanten entleert schaffen da schon eine ganz andere Wirkung. Je größer das Gefäß umso kürzer muss die Distanz zum Opfer sein.

Die meisten Opfer sind Mopedfahrer. Bei dieser Spezies wird der sportliche Ehrgeiz sowohl des Wasserwerfers als auch des potentiellen Opfers gefordert.

Der vorausschauende Mopedfahrer versucht zum passieren der Wasserwerfer einen Zeitpunkt zu erwischen, wenn diese entweder Wasser oder Alkohol nachtanken.

Der kluge Mopedfahrer reduziert seine Geschwindigkeit und hält falls erforderlich an, um sich seine Wasserladung abzuholen. Das muss man sich wirklich so vorstellen, das die Mopedbesatzung dann anhält, sich brav die Schüssel Wasser über den Rücken, den Bauch oder den Kopf gießen lässt und dann weiterfährt.

Der sportliche Mopedfahrer versucht durch geschickte Ausweichmanöver zu entkommen. Der Erfolg der Aktionen hängt auf beiden Seiten stark vom Ehrgeiz und dem Trunkenheitsgrad der Beteiligten ab. Damit das Wasser auch ganz bestimmt sein Ziel erreicht wird dem Opfer auch schon mal das Wasser samt Eimer entgegen geschleudert. Manch ein Mopedfahrer wird Opfer seiner eigenen Ausweichmanöver oder auch einer vollen Breitseite aus dem oder mit dem Putzeimer.

Die nächste Opferkategorie sind dann die Pickups mit Passagieren auf der Ladefläche. Hier ist es schon eine rechte Kunst den Wasserschwall so auf die Reise zu schicken, das auch die nahe am Fahrerhaus sitzenden Passagiere einen Schwall abbekommen. Für die Weicheier, die sich mit hochgekurbelten Fenstern ohne Schwiegermutter auf der Ladefläche durch das Gewühl kämpfen, werden Wasservorräte mit Farbzusätzen bereitgehalten. Wenn die Insassen schon nichts abbekommen, ist das Auto hinterher wenigstens ordentlich bunt (keine Bange, das ist meistens abwaschbar).

Bei den Pickups ist es jedoch viel interessanter zu beobachten, wenn sich zwei begegnen oder besser noch nebeneinander an der Ampel stehen. Da fliegt das Wasser nur so hin und her.

Um die alljährlich zum Songkran sprunghaft steigenden Unfallzahlen zu reduzieren, hat der Regierungschef, Herr Thaksin, seine Landsleute in einer langen Ansprache zu Besonnenheit und Vorsicht aufgerufen. Zusätzlich wurden hunderte von Kontrollposten eingerichtet. Insgesamt hat das lt. Zeitungsbericht aber nichts bewirkt. Ich habe viele Kontrollposten passiert, in denen sich niemand um den Verkehr gekümmert hat. Auch Polizisten sind in dieser Hinsicht nur Menschen und nehmen natürlich lieber an den Feierlichkeiten teil, als den Spaß daran einzudämmen.

Ich selbst bin auch mehrfach begossen worden. Anschließend habe ich mich gefühlt wie ein Bettnässer. Aber unter all den anderen Bettnässern fällt das dann auch nicht weiter auf. Auf jeden Fall sollte man an diesen Tagen nicht unbedingt seinen Sonntagsstaat anziehen das Handy und andere Wertgegenstände in wasserfesten Taschen mitführen und an den Füssen möglichst irgendwelche Wasserresistenten Latschen tragen.

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