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Sonntag, 8. August 2004

Partytime

Anfang Juni, genau genommen am 2. Juni gab es einen Feiertag, an dem alle öffentlichen Einrichtungen und insbesondere die Bars geschlossen hatten. Das hat Willi (ca.70) dazu verleitet ein paar Leute zu einem gemütlichen Umtrunk in seinen Garten einzuladen. Da die Bars wie gesagt geschlossen hatten, dauerte es auch nicht lange und es saß auch noch ein ganzer Schwarm Mädels herum. Eine davon hatte Geburtstag und es war ein ganz lustiger Nachmittag, mit Bier, Buletten, Leberkäse und Würstchen bei den Einen und SomTam und KaoNiau (was das wohl ist?) bei den Anderen. Es wurde auch etwas getanzt und ein wenig herumgealbert. Irgendwann kam das Geburtstagskind dann auf die wundersame Idee, dass ich das geeignete Geburtstagsgeschenk für sie wäre. Während sie sich im Laufe des Nachmittags mit allen Anwesenden immer wieder einmal auf ihren Geburtstag zuprostete fixierte sie mich mit glänzenden Augen und einem breiten Lächeln. Da ich gerne freundlich reagiere wenn mich jemand, insbesondere ein Mädel, freundlich anlächelt und dazu auch noch Geburtstag hat, habe ich natürlich mit meinem freundlichsten „Prost“ und „alles Gute zum Geburtstag“ Gesicht geantwortet. Das hat sie dann ermutigt zum Angriff überzugehen, mich aus dem Gartenstuhl zu zerren und zu einer Runde Rentner Rock’n Roll zu bitten. Zugegeben, da habe ich mich auch nicht sonderlich gegen gewehrt. Erstens war die Stimmung gut, zweitens hatte sie Geburtstag und drittens bekommen meine alten Knochen zurzeit ohnehin zu wenig Bewegung. Warum also nicht. Nun jedoch, einmal in ihrem Zugriff wollte sie gar nicht mehr ablassen von mir. Alle möglichen Annehmlichkeiten hat sie mir angeboten, und weil es ihr Geburtstag ist, sozusagen als Promotion Maßnahme, auch noch zum Nulltarif. Vielleicht hätte ich mich ja überreden lassen wenn sie bei ihrem Gewicht ein ganzes Stück größer gewesen wäre. So konnte ich mich nur mit Mühe einer Vergewaltigung entziehen. Der Abend endete wie so viele solche Abende enden, die meisten Anwesenden waren überwiegend angeheitert bis betrunken. Drei von den Mädels, unter ihnen auch das Geburtstagskind, saßen irgendwo in den Ecken und heulten. Eine aus Liebeskummer, die andere aus Sympathie zum Liebeskummer und die dritte wahrscheinlich weil sie zu klein war.

Es war einfach ein schöner Tag.

Thorsten.

Nach einem Zechgelage in Karon wurde Thorsten letzte Nacht überfallen und ausgeraubt. Heute Morgen steht er bei uns im Büro. Er kommt just von der Polizei bei der er den Vorgang angezeigt hat. Vor ca. 6 Wochen ist er mit einem 99Euro Einwegticket nach Thailand gereist und hat sein Touristenvisum bereits um 12 Tage überzogen (Das ist strafbar, wird in diesen Größenordnungen in der Regel nur mit einer Geldstrafe belegt, aber in jedem Fall registriert. Bei längeren Überziehungen oder wiederholtem vorkommen kann es dazu führen das ein neues Visum verweigert wird oder kann es gar zur Abschiebung kommen). Nun hat er weder das Geld ein Rückflugticket zu kaufen, seine Unterkunft oder gar die Strafe für das überzogene Visum zu bezahlen. Nach telefonischer Auskunft beim deutschen Konsulat ist von amtlicher Seite keine finanzielle Unterstützung oder Aushilfe zu erwarten. Thorsten muss schon Familie oder Freunde aktivieren um etwas Geld zu besorgen. Ich verschaffe ihm ein kurzes Telefongespräch mit seinen Eltern. Diese überweisen in den nächsten Tagen das Geld für das Rückflugticket und unsere Auslagen auf mein Konto und ich zahle ihm das Geld dann Cash aus. Sicherheitshalber lasse ich mir die Auszahlung von Torsten quittieren und schicke seinen Eltern eine Kopie der quittierten Auszahlungsbeträge per Briefpost nach Hause.

Anruf von Klaus.

Klaus klingt verzweifelt. Er spricht davon das er in Deutschland auf der Fahndungsliste steht, das sein Telefon überwacht wird und das er sich eigentlich gar nicht mehr vor die Tür wagt weil er befürchtet das ihn dann die hiesigen Behörden ergreifen und er in den Knast wandert. Nun will sich nicht mehr länger verstecken und sich möglichst den deutschen Behörden stellen. Er brauche Hilfe weil er befürchtet dass seine Freundin, mit der er zwei Kinder hat, sich und den Kindern etwas antut wenn er in den Knast wandert. Er befürchtet, unser Büro nicht zu erreichen wenn er das Haus verlässt, lässt jedoch offen welche Befürchtungen ihn konkret plagen. Außerdem habe er kein Geld für Bus oder Taxi, darum drängt er darauf, dass ich ihn in seiner Behausung besuche damit er mir alles erklären kann

Es hört sich sehr dramatisch und geheimnisvoll an. Meine Nachfrage, worum es denn überhaupt geht beantwortet er, mit Hinweis auf seine Telefonüberwachung, nicht.

Der Dramatik seiner Ausführungen nach vermute ich dass er irgendetwas mit Drogen zu tun hat, denn das wird hier in Thailand hart bestraft. Ich mache ihm klar, dass er schon zu uns ins Büro kommen muss wenn er mit einem von uns sprechen will. Wir machen einen Termin aus, den er dann noch einmal verschiebt als er mir weinend am Telefon erklärt dass eines seiner beiden Kinder die seine Freundin bei irgendwelchen Leuten untergebracht hat nicht zu finden sei.

Schließlich kommt er Montag, nicht wie angekündigt um 9:00Uhr sondern gegen Mittag. Ich gebe ihm und seiner Freundin in dem gegenüberliegenden Nudelshop ein Essen aus und höre mir seine Geschichte an. Angeblich war er in seinem ersten Leben in Deutschland spiel- und trunksüchtig und hat für diese Sucht als Bankangestellter ca. ein halbe Million DM veruntreut. Bevor er deswegen zur Rechenschaft gezogen werden konnte hat er sich dann nach Thailand abgesetzt. Vor zwei Jahren hat er dann seinen Reisepass eingebüsst, als er einer dubiosen Visa Agentur nicht die geforderten Gebühren zahlen konnte. Auch haben sich hier mittlerweile Schulden in einer Größenordnung angesammelt das die Gläubiger ihm schon einmal unangenehm auf die Füße treten würden wenn er ihnen über den Weg laufen würde. Seine Sorge, nach verlassen der Unterkunft unser Büro nicht zu erreichen beruhte also auf der Angst einem seiner Gläubiger zu begegnen der seine Außenstände nicht freundlich per Mahnung und Gerichtsbeschluss, sondern wesentlich nachdrücklicher mit schlagkräftigen Argumenten einfordern würde.

Wieder einmal zeigt sich wie klein die Welt doch ist. Als ich mir seine persönlichen Daten aus dem Führerschein notiere, stelle ich fest dass wir im gleichen Dorf geboren wurden.

Nach einem Anruf beim deutschen Konsul stehen für Klaus, wenn er wirklich klar Schiff machen will, zwei Möglichkeiten zur Auswahl: Die unangenehmere Möglichkeit, er geht zur Polizei, erklärt das er keinen Pass und kein Geld hat und das er nach Hause will. Dann kommt er ca. drei Wochen in Abschiebehaft wird nach Deutaschland abgeschoben und dort mit offenen Armen empfangen. Oder er beschafft ca. 1300 Euro, die Kosten für Flugticket und Strafgebühren, und könnte sich damit die drei Wochen Abschiebehaft ersparen. Auf jeden Fall soll er vor seinem Gang zur Polizei erst noch einmal im Konsulat vorsprechen.

Da es mittlerweile schon spät ist, muss der Besuch beim Konsul am nächsten Tag erfolgen. Klaus lässt mir seine Fototasche als Pfand da und Ich gebe ihm noch 500 Baht damit er das Busgeld für heute und morgen hat.

Um 16:00h am nächsten Tag ruft Klaus mich an und erklärt mir dass er die letzten Tage keinen Schlaf bekommen habe, er soeben aufgewacht sei und es heute leider nicht mehr zum Konsul schafft. Außerdem will er versuchen noch einige Leute in Deutschland anzurufen, die ihm evtl. doch noch mit den 1300Euro aushelfen. Jetzt kommen mir Zweifel ob der gute Mann wirklich seine Angelegenheit ins Reine bringen will. Möglicherweise ist die als Pfand dagelassene Fototasche gar nicht sein Eigentum und er hat die Nummer nur abgezogen um wieder zu etwas Geld zu kommen.

Dann habe ich halt etwas dazugelernt und im wahrsten Sinne des Wortes Lehrgeld bezahlt. …

zwei Wochen später kommt eine Nachricht vom deutschen Konsulat. Klaus hat sich nach Rücksprache mit dem Konsulat der Polizei gestellt und sitzt jetzt in Abschiebehaft. Der Konsul hat unsere Kanzlei wird gebeten, die rechtliche Betreuung des Falles zu übernehmen.

Krankenkasse

Zwei kleine Lehrstücke in Sachen Krankenversicherung für alle die hier leben und arbeiten wollen.

Andreas hatte nach einem Unfall eine Operation an der Schulter. Nun sitzt er mir gegenüber und hat das Leistungsverzeichnis seiner Krankenkasse sowie ein Schreiben dieser Krankenkasse dabei in dem sie die Kostenübernahme für die Operation ablehnt. Er versteht das nicht und fragt, ob man da nicht gegen angehen kann. Nach einem oberflächlichen Blick auf die in seinem Tarif enthaltenen Leistungen müssten Unfallbehandlungen abgedeckt sein. Dann der Blick auf die Adresse und den Gerichtsstand der Versicherung. Da steht London! Es macht wenig Sinn einen Rechtsanwalt in Thailand damit zu beauftragen eine Londoner Versicherung zur Ordnung zu rufen. Ich rate ihm sich zunächst eine Begründung zur Ablehnung der Kostenübernahme anzufordern und dann ggf. einen Londoner Anwalt zu beauftragen.

Am Freitagnachmittag bekomme ich aus dem Mission Hospital einen Anruf von Wi. John, einer unserer Kunden wurde dort eingeliefert nachdem ihm sein vor kurzem eingesetztes künstliches Hüftgelenk herausgesprungen ist. Es gibt erhebliche Kommunikationsprobleme bezüglich der erforderlichen Operation. Als ich im Krankenhaus ankomme informiert mich Wi das John vor zwei Tagen eingeliefert wurde und heute noch operiert werden könnte wenn er denn unterschreibt dass er die Operationskosten von 50,000Baht innerhalb von 7 Tagen bezahlen wird. Der OP ist vorbereitet. John ist über die gesetzliche Krankenversicherung in Thailand versichert. Diese Versicherung übernimmt aber nur Behandlungskosten staatlicher Krankenhäuser. Das Mission Hospital ist ein privates Hospital. Wenn er die OP nicht bezahlen will wird er heute noch in das staatliche Vachira Krankenhaus überstellt und möglicherweise am Montag operiert.

Ich gehe in das Krankenzimmer und spreche mit John. Er hat Schmerzen, ist etwas verzweifelt und schimpft über das thailändische Gesundheitssystem. Er brauchte aber wohl auch jemanden mit er in seiner Situation einfach einmal ein paar Worte Deutsch reden kann. Nachdem meine Rückfrage bei der Krankenhausverwaltung, ob die Rechnung möglicherweise mit einem Zahlungsziel von 4 Wochen bezahlt werden kann abschlägig beantwortet wird entscheidet sich John für das Vachira Krankenhaus.

Taschenraub

Das hätte ich mir so nicht vorgestellt. Nach einem Kundentermin in Rawai bin ich mit meinem Moped wieder auf dem Weg nach Hause. Es ist 22:30Uhr, der Termin beim Kunden ist gut gelaufen und eigentlich bin ich ganz guter Dinge. Mit leichten Kurven und ebenso leichten Bodenwellen führt eine relativ gut ausgebaute Strasse von Rawai nach Chalong. Die Strecke beträgt ca. 10 km. Nachdem de letzten Häuser von Rawai hinter mir liegen kommen noch ein paar vereinzelte Thai Behausungen sowie ein oder zwei Karaoke Schuppen. Ansonsten ist die Strasse über vielleicht drei Kilometer von Grünen Sträuchern Buschwerk und Bäumen gesäumt. Mein Helmvisier ist etwas verschmutz, die Lichter der entgegenkommenden Autos blenden dadurch etwas mehr. Bei entgegenkommendem Verkehr fahre ich etwas langsamer (ca. 60 bis 70 km/h)und konzentriere mich auf den Straßenabschnitt unmittelbar vor mir, damit ich nicht plötzlich mit irgendeinem unbeleuchteten Gefährt auf meiner Fahrbahn zusammenstoße.

Über das Windgeräusch meines Helmes höre ich plötzlich an einem Motorengeräusch das mich ein Moped links überholen will (wir haben hier Linksverkehr). Zunächst denke ich dass hier wieder so ein Idiot ohne Licht fährt, und dass doch reichlich Platz wäre, rechts zu überholen. Dann ein kurzes Zucken an meiner roten Umhängetasche die ich am Trageriemen quer über die Brust gehängt habe. Einen Augenblick denke ich, das sich irgendjemand der mich vielleicht kennt einen Scherz erlaubt. Als das Moped dann links an mir vorbeizieht und ich sehe, dass der Hintermann meine Umhängetasche in der Hand hält wird mir plötzlich klar dass ich soeben beraubt worden bin. Die Tasche schlackerte im Fahrtwind auf der linken Körperseite. Da war es für den geübten Taschenräuber keine wirkliche Herausforderung den Trageriemen schnell mit einem Messer zu durchtrennen. Ich gebe Gas und bleibe den beiden auf den Fersen. Kennzeichen und Beleuchtung hat das Moped nicht. Bei Tempo 100 versucht der Fahrer mich durch Schlangenlinien und der Mitfahrer durch Fußtritte vom Überholen abzuhalten. Es kommen wieder Häuser in Sicht. Da wirft der Beifahrer etwas auf die Strasse. Einen Augenblick bin ich versucht anzuhalten. Aber das sah nicht aus wie meine Tasche sondern eher wie ein Helm und ich denke dass es ein Ablenkungsmanöver ist. Falls das wirklich meine Tasche ist, dann finde ich sie auch noch zehn Minuten später. Bis zum Chalong Kreisel will ich dranbleiben und hoffe das der Verfolgte sich bei seinen gewagten Überholmanövern verkalkuliert und vielleicht unter einem der entgegenkommenden Busse landet oder das am Chalong Kreisel eine der zahlreichen Polizeikontrollen durchgeführt wird und er dort zum halten gezwungen wird. Am Chalong Kreisel wimmelt es von Polizisten, die Führerscheinkontrollen durchführen und Strafen für nicht vorhandene oder nicht benutzte Helme kassieren.

Meinen Räuber stört das nicht weiter der fährt beinahe ungebremst durch Kreisel in Richtung Karon weiter. Der Polizist der ihn eigentlich zum Anhalten auffordern wollte schaut ganz entgeistert hinterher. Während er sich noch sammelt halte ich auch schon neben ihm an sage dass die Kerle meine Tasche gestohlen haben. Er winkt einen Polizeiwagen herbei der die Verfolgung aufnimmt eine paar Augenblicke später macht sich auch noch ein Polizeimoped mit zwei Polizisten drauf auf den Weg. Aber die beiden sind mittlerweile mit Sicherheit schon in irgendeiner Seitenstrasse verschwunden.

Jetzt kehre ich um und versuche den Gegenstand zu finden den der Beifahrer fortgeworfen hat, ohne Erfolg. Ich kehre um, gebe den Vorfall auf der Polizeiwache zu Protokoll. In der Tasche befand sich mein Reisepass, meine Arbeitserlaubnis, Papiere für mein Moped und mein Sparkassenbuch. Kein Bargeld. Im vergangenen Monat hatte ich mein Gehalt noch bar ausgezahlt bekommen. Da hatte ich das Geld die ganze Zeit in der Tasche gehabt.

Am nächsten Morgen kaum das es hell geworden ist fahre ich die Strecke noch zweimal ab. Ich finde im Straßengraben einen alten Plastikhelm. Also doch ein Ablenkungsmanöver!

Nun geht die Rennerei los. Ein neuer Reisepass muss beantragt werden. Kosten mit allem drum und dran knapp 10,000 Baht. Arbeitserlaubnis muss wohl von der Firma neu beantragt werden, Kosten noch nicht bekannt. Bei der Bank melde ich den Verlust des Sparkassenbuches. Das hält sich in Grenzen und hier kann auch kein Schaden erzeugt werden. Dann fällt mir ein dass noch der Schlüssel von Richards Bungalow in der Tasche war. Obwohl es für die Räuber keinerlei Hinweise gibt, wo der Schlüssel hingehört muss ich im Zweifelsfall ein neues Schloss einbauen lassen.

Da mich dieser Vorfall schon recht beschäftigt, spreche ich natürlich auch darüber. Dabei habe ich erfahren, dass diese Art des Raubes in den vergangenen Wochen stark zugenommen hat und keinesfalls nur Ausländer trifft. Auch finden diese Angriffe durchaus auch am Tage statt. Die Mitarbeiterin eines Bekannten wurde bei so einem Überholmanöver im Vorbeifahren mit einem Fußtritt zu Fall gebracht. Die Angreifer haben angehalten und ihr dann die Tasche gestohlen. Der Frau des gleichen Mannes wurde im vergangenen Jahr die lange goldene Halskette im Vorbeifahren abgerissen.

Der deutsche Konsul hat mich damit getröstet das diese Art des Raubes seiner Kenntnis nach in Südeuropa immer noch häufiger vorkommt.

Amazing Thailand.

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